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gungs-, Körper-, Gestaltungs- undAus¬

druckstherapie. Dazu kommen 2 bis 4

Einzelsitzungen mit dem Arzt, neben

täglichen, morgendlichen Zusammen¬

künften aller Patienten und täglichen

Arztvisiten. Der Patient erlebt gewis-

sermassen eine Überschüttung mit

Therapie und ist dadurch sofort aufge¬

fordert, sich mit sich selbst und mit der

umgebenden Gruppe von Mitpatien¬

ten und Schwestern eingehend aus¬

einanderzusetzen. Das ist für ihn zwar

anstrengend und belastend, für die

Pflegenden und Therapeuten sehr

fordernd, fürdie Kostenträgerübereine

gewisse Zeit hin sehr aufwendig, aber

letztlich wegen der guten Erfolgsaus¬

sichten doch für Patienten und Kosten¬

träger günstiger als eine "ewige" The¬

rapie (oderauch beispielsweise häufi¬

ge Operationen wie bei Colitis oder

Morbus Crohn, oder regelmässige CT-

Untersuchungen bei Schmerzpatien¬

ten etc.).

Eine zweite Kategorie von Patienten,

die sowohl einen Milieu-Wechsel wie

eine Therapie-Immersion für erfolg¬

versprechende Behandlung benöti¬

gen, sind gewisse Psychoneurotiker

wie schwere Phobiker, verschiedene

Zwangskranke und jene Depressiven,

die neben einer medikamentösen

Therapie zur Verhinderung regelmäs¬

siger Rückfälle auch intensive psycho¬

therapeutische Unterstützung brau¬

chen. Die Psychosomatische Abteilung

bietet diesen Patienten ein Optimum

an Hilfe.

Vielfach zeigen schwergestörte Patien¬

ten ein dynamisches Mischbild von oft

wechselnden Symptomen, wodurch

vorerst keine genaue Diagnose gestellt

werden kann. Derartige Patienten

werden im Verlauf anfänglich probe¬

weiser Therapien erst eindeutig dia¬

gnostisch fassbar. Dazu verhilft auch

die Möglichkeit der Rund-um-die-Uhr-

Betreuung und Beobachtung durch

das Pflegepersonal. Manchmal kann

also erst am Ende einer Therapie eine

genauere Diagnose gestellt werden.

Die Formulierung des Behandlungs¬

ziels tönt wahrscheinlich angesichts

derartig aufwendiger Therapie- und

Betreuungsangebote eher beschei¬

den, ist aber die einzig mögliche: Die

Patienten sollen erfahren und lernen,

dass sie selbst durch ihre Einstellung

zu ihrem Körper, ihrer Umwelt und

durch Einbezug ihrer seelischen Be¬

dürfnisse in ihren Alltag die Beschwer¬

den an Leib und Seele beeinflussen,

vor allem aber auch vermindern kön¬

nen. Dadurch können sie sich selbst

wieder besser und für sich auch be-

friedigendersozial integrieren, werden

zu ambulanter Weitertherapie fähig

und haben daher weitere therapeuti¬

sche Erfolgsaussichten.

Die psychosomatische

Abteilung aus der Sicht

des Pflegepersonals

Wir sind acht Krankenschwestern AKP,

zwei Gesundheitsschwestern AKP,

eine Gesundheitsschwester PsyKP

und haben unsere Arbeit auf der Psy¬

chosomatischen Abteilung am 1. Ok¬

tober aufgenommen. Zur Vorbereitung

auf unsere neue Aufgabe hatten wir

uns zuvor während eines Jahres in

unserer Freizeit regelmässig zu Selbst-

erfahrungs- u ndAusbildungssitzungen

sowie zu Konzeptarbeiten getroffen.

Im Unterschied zu andern Spitalabtei¬

lungen möchten wir den Patienten ein

Milieu anbieten, in dem sie sich selbst,

ihren Problemen, wie Ängsten und

Zwängen begegnen können. Es soll

ihnen die Möglichkeit geboten werden,

neue Verhaltensmuster in einem ge¬

schützten Rahmen auszuprobieren,

wobei das Pflegepersonal ihnen als

Modell zum Lernen dienen kann. In Kri¬

sensituationen übernimmt das Team

gewisse Ich-Funktionen des Patienten.

Es bietet Hilfeleistung beim Einleben

und Orientieren in der Gruppe. Auf die

von Patienten gezeigten Verhaltens¬

weisen wird direkt eingegangen, um

ihnen so Zusammenhänge zwischen

ihren somatischen Beschwerden, ih¬

rer Psyche und ihrem Verhalten be¬

wusst werden zu lassen.

DerAlltag wird vom Pflegeteam gering

strukturiert; damit wird die Selbstver¬

antwortung der Patienten gefördert,

und wir behalten die nötige Flexibilität,

um auf individuelle Bedürfnisse einge-

henzu können. Wirsehenden Patien¬

ten rund um die Uhr, erleben ihn im

Abteilungsalltag und inder Nacht. Eine

Menge von Beobachtungen gibt uns

ein anderes Bild von ihm, als es sein

Arzt hat, der ihn nur stundenweise

sieht. Diese verschiedenen Bilder

mitei ander vergleichen zu können, ist

sehr aufschlussreich und für alle Be¬

teiligten hilfreich.

Um effiziente Arbeit zu leisten, ist ein

intensiver Austausch von Informatio¬

nen und Eindrücken zwischen allen Be¬

t iligten absolut notwendig, Zeiten für

diesen gegenseitigen Austausch sind

im Tages- und Wochenprogramm fix

eingeplant. An den morgen

Zusammenkünften kommen alle Pa

tienten, die Pflegenden und imTurnus

einer der Ärzte zusammen. Hier wer¬

den Informationen zwi

Patienten und uns sel

tauscht; hier ist auch Gelegenheit, Kri¬

tik und Anregungen anzubringen und

bestehende zwische

Konflikte zu diskutieren. Weiter neh

men wir wenn immer möglich an den

Gruppentherapien teil - hier könne

Informationen zwischen uns Pflegen¬

den und den Therapeuten direkt wei¬

tergegeben werden. An Supervisionen

haben wir zudem noch die Möglic

keit, personelle und organisatorische

Probleme zu besprechen.

Ein Novum auch dies: wirwerden nicht

mit "Schwester", sondern mit "Fra

angesprochen und kleiden uns auc

nicht in Weiss, sondern

möchten dadurch dem Patienten al

Individuum, nicht als Rolle gegenüber¬

trete , um auch damit beizutragen, die

grundlegende Idee ganzheitlicher Pfle¬

ge zu verwirklichen.

In Vertretung des Pflegeteams:

Isabel Rüdisühli

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